Seit unserem ersten Schneekontakt mit den Skating-Skiern sind wieder einige Wochen vergangen. Was wir aktuell zu viel haben, hatten wir damals zu wenig: Schnee zum Üben. Um die Zeit bis zum dritten Trainingscamp in Galtür doch etwas produktiv zu nutzen, waren wir also wieder an unsere Ski-Roller gefesselt. Was sich am Schnee mit den Skiern doch schon einigermaßen gut angefühlt hat, war auf den Ski-Rollern dann gleich wieder ganz anders. Schnell war für mich klar: Schnee muss her! Und der Schnee kam dann zum Glück auch – genau am Wochenende vor unserem Camp wurde das westliche Österreich schön winterlich eingeschneit. Perfekte Bedingungen, um an unserer Technik und Kondition zu arbeiten.
Bei frostigen -17 Grad starten wir am Freitag kurz nach dem Sonnenuntergang in unsere erste Trainings-Session. Es geht jetzt darum, wieder ein Gefühl für den Schnee zu bekommen. Immerhin haben wir das weiße Gold seit Obertilliach nicht mehr unter den Füßen gehabt. Und relativ schnell merke ich: Irgendwie habe ich das anders in Erinnerung – viel schneller und „flutschiger“. Das kommt einerseits von den Temperaturen und andererseits von dem anderen Schneetypen. Während wir in Obertilliach Plusgrade und Kunstschnee hatten, laufen wir in Galtür auf Naturschnee bei -17 Grad. Und genau diesen Unterschied merkt man deutlich. Viel mehr Kraft und Anstrengung sind notwendig, um vom Fleck zu kommen. Dafür steht man aber sicherer am Ski. Alles hat seine Vor- und Nachteile.
Nach einem äußerst notwendigen Aufwärmprogramm spielen wir im Tiefschnee fangen. Mit Langlaufskiern selbstverständlich. Danach befreien wir uns von einem Ski und es kommen ein Ball und zwei Tore ins Spiel: Fußball. Nach einem erbitterten Match und ein paar blauen Flecken wieder zurück auf die Nachtloipe. Mit einem freien Training – jeder so schnell und weit, wie er oder sie will – lassen wir den ersten Tag ausklingen. Spätestens nach der dritten Runde ist dann auch bei den kälteresistentesten Teammitgliedern Schluss – das Abendessen ruft.
Tag 2: Laufen, laufen, laufen …
Nach einem ausgiebigen Frühstück beginnt Tag 2 auf der Loipe. An den Bedingungen ändert sich relativ wenig: Es ist immer noch äußerst zapfig bei Minusgraden im zweistelligen Bereich und mit zunehmender Höhe wird es bestimmt nicht besser. Wir werden nämlich auf der Höhenloipe Zeinis bis auf 1.850m hinauflaufen. Von Galtür aus ist das ungefähr ein Höhenunterschied von 300 Metern. Heute sollen wir unseren eigenen Rythmus finden – und eine gewisse Effizienz in unserem Bewegungsablauf entwickeln. Während wir bisher viel an der Technik gearbeitet haben und dementsprechend viele kurze Übungseinheiten hatten, sollen wir schön langsam unser Augenmerk auf den großen Wettkampf richten, der zunehmend wie ein Damoklesschwert über unseren Köpfen hängt. Die 50 Kilometer werden sich nämlich nicht von alleine laufen – deswegen heißt es für uns laufen, laufen, laufen. Dafür haben wir auf der 12 Kilometer langen Loipe hinauf zu den Zeinis- und Kopsstauseen genug Platz.
Und irgendwie läuft es nach ein paar Kilometern wirklich gut. Der Rhythmus, den wir so lange gesucht haben, ist da, die Sonnenstrahlen wärmen ein wenig, das Panorama und die Aussicht sind perfekt und es macht Spaß. Fast ein wenig zu viel Spaß, meinen die Trainer und holen uns bei der nächsten Aufgabe gleich wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. „Da fahr ma jetzt runter“ sagt Raphi und deutet auf die steile Skipiste, „da bekommts a gutes Gefühl fürn Ski“. Ein sehr interessantes Unterfangen, weil Skating-Ski eben keine Kanten haben, wie wir das von den Alpin-Ski gewöhnt sind. Und eine feste Bindung eben auch nicht. Ich glaube selbst wie ich als kleiner Junge das Skifahren gelernt habe, bin ich nie so wackelig und unsicher eine Piste hinuntergefahren. Aber es war eine Erfahrung wert.
Heil unten angekommen, gibt es die nächste Überraschung: Urban hat einen Hindernisparcours aufgebaut: Zuerst möglichst schnell den kleinen Hügel hinauf, Slalom-Abfahrt hinunter, rückwärts, durch ein kleines Tor durch, seitlich wieder hinauf, Abfahrt auf einer Wellenpiste, dann gleich nochmal hinauf und über eine Sprungschanze ins Ziel. Das ganze natürlich auf Zeit und gegeneinander – damit wir alle schonmal ein bisschen Wettkampfluft schnuppern können. Im Finale habe ich mich gegen Christian durchsetzen können und eine Teilnahme beim Nordic Night Race Galtür gewonnen – also schon meine nächste Herausforderung wenn der Koasa vorbei ist.
Müde und hungrig laufen wir noch zurück zum Hotel und dort am liebsten direkt vom Skikeller in den Saunabereich. Wer den ganzen Tag auf der Loipe steht, hat sich nicht nur den Wellness-Bereich im Hotel redlich verdient, sondern auch ein möglichst kalorienreiches Abendessen. In der Panorama-Tenne des Hotels Almhof gibt es zweierlei Fondue: Einmal mit Brot und Käse aus der hauseigenen Käserei und einmal mit Fleisch und Rindssuppe. Dazu alles, was man sich als mögliche Beilagen nur vorstellen kann. Und natürlich ein obligatorisches Schnapserl am Schluss.
In der Nacht auf Sonntag wird es dann wärmer. Wobei „warm“ kann man die Temperaturen knapp unter Null auch nicht wirklich nennen. Dafür hat es über Nacht 30 cm geschneit. Als ich in der Früh das erste Mal beim Fenster hinaus geschaut habe, hat es mir regelrecht die Mundwinkel auseinander gezogen. Galtür hat sich für unseren letzten Tag noch einmal herausgeputzt. Ähnlich wie am Vortag geht es wieder darum, Kilometer auf der Loipe zu machen. Nach ein paar kurzen Technik-Übungen laufen wir auf der Loipe nach Ischgl. Entlang eines kleinen Flusses durch eine beeindruckende Schlucht – eine traumhafte Winterkulisse. Wir machen Kilometer, es macht Spaß und man merkt, dass die Zweifel an der Koasalauf-Teilnahme schön langsam weniger werden. Der viele Schnee sichert zumindest, dass wir auch daheim genug Loipen zum Trainieren haben und uns so hoffentlich bestens auf den Wettkampf vorbereiten können.