In 4 Monaten vom Langlauf-Anfänger zum 50 Kilometer Koasalauf: Wir haben es geschafft!

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Bei unserem ersten Treffen im Oktober war der Koasalauf im Februar in so weiter Ferne, dass wir darüber noch lachen konnten. Das Ziel so abstrakt, dass wir leichtgläubig bei einem Projekt zugesagt haben, dass uns an unsere Grenzen gebracht hat. Den einen an die Physischen, den anderen an die Psychischen. Aber Grenzen wurden glaube ich bei jedem erreicht und erfolgreich überschritten. Eines darf ich nämlich schon vorwegnehmen: Das Projekt #nordicteamtirol war ein voller Erfolg. Der Endgegner – der 50 Kilometer lange Skating-Bewerb beim Koasalauf – ist besiegt.

Zuerst nochmal unser Projekt zusammengefasst: Beim Nordic Team Tirol trainieren sieben absolute Langlauf-Neulinge in vier Monaten für den Koasalauf, einem 50 Kilometer Volkslanglauf im Februar. Dabei werden wir von einem professionellen Trainer-Team in 4 Trainingscamps „von Null“ zur Wettkampftauglichkeit aufgebaut.

Wir treffen uns am Freitag vor dem Wettkampf-Wochenende im tief verschneiten Hochfilzen. Man merkt sofort, dass uns der Wettkampf im Tannheimer Tal vor zwei Wochen ein wenig die Nervosität genommen hat. Jeder weiß, dass der Koasalauf absolut im Bereich des Machbaren liegt. Für mich war nach den 36 Kilometern beim Ski Trail klar, die 50 Kilometer sind locker drin. Selbst wenn an Training in den letzten zwei Wochen nicht zu denken war. Gleich am Montag nach dem Wettkampf war ich für einige Tage dank Erkältung ans Bett gefesselt und konnte mich zu diesem Wochenende hin gerade so wieder richtig auskurieren. Aus meiner Lauf-Karriere weiß ich aber – die letzten zwei Wochen sind egal, wenn das Training über die Monate davor gepasst hat. Und das hat es ja. Also gehe auch ich entspannt in dieses Wochenende und lasse den Koasalauf auf mich zukommen.

Generell können wir trainingstechnisch dieses Wochenende nicht mehr viel aufholen was wir bis jetzt versäumt haben. Deswegen sind die Trainingseinheiten am Freitag und Samstag kurz und dienen nur dazu uns locker zu machen und letzte Feinheiten in der Technik auszubessern. Wir machen dazu einen Hindernis-Parkours und ein paar Übungen.

Danach geht es zum freien Auslaufen auf die Loipen. Ich merke: es fühlt sich verdammt gut an. Der Schnee ist super, die Ski flutschen, und das Wetter passt.

Das Anstrengendste an diesem Tag soll schließlich der Aufstieg zum Abendessen werden: Zur Hoametzl Alm müssen wir nämlich erstmal rauf wandern. Einige hundert Höhenmeter über einen steilen Berghang hinauf. Hinunter geht es dann zum Glück schneller mit der Rodel. Aber vorher noch Abendessen. Es gibt „an Huat“. Was auf den ersten Blick nicht so wirklich Sinn macht (warum sollte man Fleisch auf eine schräge Fläche statt eine gerade Platte legen?) stellt sich dann als ziemlich tolle Sache heraus. Denn in der Hutkrempe befindet sich Rindssuppe mit der man das Fleisch übergießen kann. Quasi eine Mischung aus Raclette und Fondue.

Am Samstag geht es langlauftechnisch ähnlich weiter wie am Freitag. Am Vormittag haben wir eine kurze Trainingseinheit auf der Europaloipe Hochfilzen. Am 10km Rundkurs heißt es für uns nochmal frei laufen – während unsere Trainer das letzte Feedback und Anmerkungen zur Technik und den Bewegungen geben. „Haltets euch das immer im Hinterkopf … ihr seids ein T-Rex“. Was Raphi damit zum Ausdruck bringen will und was jeder mittlerweile ohne weitere Worte versteht: Die Hände am Körper halten und nicht so weit ausstrecken.

Am Nachmittag fahren wir ins Koasastadion nach St. Johann, wo an diesem Tag der klassische Bewerb über die Runden geht und die Kinder beim „Mini-Koasa“ starten. Unsere Ski liefern wir dabei gleich beim Stand vom HWK ab. Die Wachsl-Experten kümmern sich darum, dass unsere Ski gscheit pfeifen. Denn am Material soll es bei unserem großen Tag wirklich nicht liegen.

Danach erklärt uns Urban, der selbst auch beim klassischen Lauf gestartet ist, den Streckenverlauf. Schnell wird klar, dass der erste Anstieg nach dem Start mit über 100 Höhenmetern kein Kinderspiel wird. „Da wirds morgen gscheit stauen“, erklärt er uns, weil es an diesem Flaschenhals vom breiten Start auf einmal nur mehr zweispurig weitergeht. „Versuchts eine Spur zu finden, kein Stress und passts auf eure Stecken auf“. Das mit den Stöcken kennen wir ja noch vom Tannheimer Tal. Eine der größten Gefahren ist gleich nach dem Massenstart, dass jemand mit den Skiern auf die dünnen Carbon-Stöcke steigt und diese brechen. Im Notfall die Stöcke einfach gerade zum Körper in Sicherheit bringen. „Wenns die erste Steigung gschafft habts, dann seids scho quasi im Ziel“. Auch wenn wir wissen, dass das natürlich nicht stimmt, versuchen wir an Urbans motivierende Worte zu glauben.

Spätestens nach der Abholung der Startnummern wird klar: Der Wettkampf morgen ist real. Langsam merke ich auch, wie die Nervosität wiederkommt. Ich versuche jedoch nicht so viele Gedanken daran zu verlieren. Den restlichen Tag verbringen wir mit relaxen und Freizeit. Nach einer letzten gehörigen Portion Carboloading (Nudeln + Kaiserschmarrn) beim Abendessen geht es früh ins Bett. Jeder will morgen fit sein.

Und das waren wir am Sonntag auch. Punkt 7 Uhr Tagwache und gleich zum Frühstück: 2 Semmeln mit Honig, nochmal viel trinken. Im Gegensatz zum Ski Trail im Tannheimer Tal hat das mit dem Schlafen vor dem Wettkampf diesmal besser funktioniert. Nervosität ist da, aber deutlich weniger als vor zwei Wochen noch. Ich würde es als gesunde Motivation bezeichnen – die, die dich pusht und nicht zu sehr fertig macht. Nach dem Frühstück fahren wir top motiviert mit dem Teambus hinunter nach St. Johann zum Startbereich.

„Oktober, November, Dezember, Jänner … und der hoibe Februar. Alles nur für heute“, versucht uns Raphi auf die kommenden Stunden einzustimmen. „Seids eich bewusst, wie weit wir kemma san seit Seefeld. Heute gehts um ois, genießts es“.

Ich drehe noch ein paar Runden zum Aufwärmen und merke sofort: Heute geht was. Der Schnee ist schnell und ich fühl mich gut auf den zwei dünnen Brettln. Der Countdown rückt immer näher und das Nordic Team Tirol stellt sich im zweiten Startblock zum Start auf. Der Stadionsprecher zählt runter „10, 9, 8, 7, 6, 5, 4, 3, 2, 1 … 💥 … LOOOOOS GEHHHTS“ … Und los geht es. Das Startfeld aus ungefähr 800 Läufern setzt sich in Bewegung und wir schließend bündig an.

(Zum ganzen Video von Marlene geht es > hier <)

Meine Vorahnung vom Aufwärmen wird sofort bestätigt. Ich fühle mich gut und die Ski sind schnell. Aber anders als im Tannheimer Tal hab ich trotzdem die volle Kontrolle und kann die Kraft gut übertragen. Ich versuche mir auf dem ersten Kilometer nochmal die Tipps von unserem Trainer-Team in Erinnerung zu rufen: Langsam starten und schnell finishen. Anfangs Kraft zu sparen und auf die Technik zu achten. Ehrfurchtsvoll blicke ich nach vorne zu dem großen 100 Höhenmeter Anstieg. Wie erwartet wird die Strecke jetzt enger und es kommt zu dem Stau, von dem Urban gestern gesprochen hat. Ich reihe mich ein und es wird erstmal sehr langsam. Ich mache mir keinen Stress und denke nur, dass das optimal ist, weil ich sonst solche Anstiege immer viel zu schnell laufe – es hat also durchaus was Positives.

Am Ende der 100 Höhenmeter denke ich mir „gut, dass es vorbei ist, aber da wär schon noch was gegangen“. Durch das langsame Tempo hat mich der Anstieg weniger fertig gemacht als gedacht. Nach der ersten Verpflegungsstation geht es dann alle Höhenmeter in einer langen Abfahrt hinunter. Genug Zeit, um sich etwas auszuruhen. Plötzlich stürzt einige Meter vor mir jemand und versuche im letzten Moment auszuweichen. Das klappt sogar einigermaßen, aber bei dem Manöver verfangen sich meine Ski und ich liege ebenfalls am Schnee. „Fängt ja schon gut an“, denk ich mir. Aber dank der noch andauernden Abfahrt bin ich schnell wieder auf einer guten Geschwindigkeit und es geht weiter. Wir drehen eine Schleife in der Nähe des Startbereiches und dann geht es Richtung Flugfeld.

Die Strecke bis dort ist relativ eben, vielleicht sogar ein wenig abschüssig und ich bringe einen guten Pace zusammen. Nach dem Flugfeld folgt ein kleinerer Anstieg mit ungefähr 50 Höhenmetern. Das sind die Stückerl, an denen ich einige Plätze gut machen kann, weil es ausdauertechnisch gut läuft. Einzig die warnende Stimme im Hinterkopf zügelt mich ein wenig. „Du hast noch 40 Kilometer zu laufen – verpulver nicht deine ganze Kraft am Anfang“. Also wieder einen Gang zurück. Die Kilometer-Tafeln am Streckenrand machen mir jedoch zunehmend Mut. Mittlerweile habe ich Kilometer 20 passiert und sowohl von der Kraft als auch der Ausdauer ist alles noch im grünen Bereich. Wir kommen jetzt wieder in den Ort nach St. Johann und die Tafeln am Streckenrand deuten auf die Teilung zwischen den 28km und 50km Bewerben hin.

Ich laufe natürlich nach rechts für die 50 Kilometer. Und plötzlich bin ich allein. Alle in der Gruppe um mich sind zu den 28 Kilometern abgebogen und der Nächste ist ein ganz schönes Stückerl vor mir. Wie ich im Tannheimer Tal gelernt habe, ist das Finden einer guten Gruppe die halbe Miete. Im Windschatten läuft es sich um einiges einfacher als alleine. Das Projekt der kommenden Kilometer wird also sein, den Anschluss an den vorderen Läufer zu finden. Einsam geht es nach Kirchdorf und dann weiter nach Erpfendorf.

Kilometer 30 wird passiert und ich denke mir das erste Mal: Da geht was. Im Kopf rechne ich die bisherige Zeit auf die Zielzeit auf und komme dabei auf ein Ergebnis von leicht über 3 Stunden. Das wäre phänomenal – vor allem, weil ich noch gut drauf und noch lang nicht am Limit bin. Auf der leicht abschüßigen Strecke brauche ich nicht allzu viel Kraft, aber dem vorderen Läufer komme ich auch nicht wirklich näher. Erst in Erpfendorf beim nächsten Anstieg sehe ich meine Chance, die Leute vor mir einzuholen. Die 3 Stunden Zielzeit im Kopf mache ich Tempo beim Anstieg und schließe nicht nur zum nächsten Läufer auf, sondern überhole ihn und ein paar andere noch.

In meinem Kopf dreht sich auf einmal alles nur mehr darum, unter 3 Stunden ins Ziel zu kommen. „Wie geil wäre eine Zeit unter 3 Stunden bitte?“ denk ich mir des Öfteren und es läuft. Bei Kilometer 35 habe ich das Gefühl, dass ich so noch hundert Kilometer weiterlaufen könnte. Doch nach der Kehre am entferntesten Ende der Strecke werde ich eines Besseren belehrt. Der plötzlich einsetzende heftige Gegenwind macht mir das Leben schwer und mein Ziel rückt wieder ein wenig in den Hintergrund. Das Gute ist jedoch, dass ich mittlerweile eine Gruppe gefunden habe, an die ich mich jetzt anhängen kann. Im Windschatten der Läufer vor mir geht es nun für einige Kilometer zurück nach Kirchdorf. Wir passieren die 40 Kilometer Marke und der Wind wird wieder weniger. Mit genügend Kraftreserven lasse ich die Gruppe hinter mir. Kontrollierende Blicke auf meine Uhr sagen mir, die 3 Stunden sind noch immer drin.

Der Niederkaiser, der markante, felsige Gebirgszug oberhalb von St. Johann, rückt immer näher. Ich weiß, dass es jetzt nicht mehr weit ist und gebe nochmal alles, versuche alle Kräfte zu mobilisieren. Links sehe ich Stevie mit einer Flasche SeCoKa stehen. SeCoKa bedeutet Sekt, Cola und Kaffee. Eine „““angebliche“““ Power-Mischung, an die es mir in dem Moment schon beim Gedanken daran den Magen verdreht. Ich lehne dankend ab und konzentriere mich auf die letzten Kilometer ins Ziel. Er ruft mir aus der Ferne noch zu, dass es eine geile Zeit wird und ich es locker unter 3 Stunden ins Ziel schaffe. Und so geht es voll motiviert ins Ziel. Der erste Blick sofort auf die Uhr: 2 Stunden und 55 Minuten. Geschafft. Glücklich. Fertig.

Die monatelange Vorbereitung, die ganzen Strapazen, das viele Training und die dauernde Belastung, einen 50 Kilometer Wettkampf laufen zu müssen, sind mit einem Schlag weg. Was bleibt sind Freude und Lachen. Nach und nach kommen die anderen auch ins Ziel, es gibt Umarmungen, jeder freut sich für jeden. Denn jeder hat seine persönlichen Ziele übertroffen. Wir lassen die Champagner-Korken knallen und stoßen auf unseren großartigen Triumph an. Auch die Trainer sind sichtlich zufrieden – jeder ist happy!

Was bleibt vom Koasalauf? Eine großartige Erfahrung und die Bestätigung, dass man alles schaffen kann, wenn man nur genügend daran arbeitet. Ich kann mich noch an die ersten Schritte auf den Skirollern erinnern. Wie wir im Oktober mehr gestolpert als gelaufen sind. Und auch die ersten Momente auf Schnee und Skiern waren mühsam. Aber nach und nach. Wochenende für Wochenende, Trainingseinheit für Trainingseinheit ist das Gespür gekommen. Und irgendwann standen wir dann im Ziel eines 50 Kilometer Skating Wettbewerbs. Mit Leuten, die in den letzten vier Monaten zu Freunden wurden. Das kann nur Sport.

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